Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Arbeitgeber – hier insbesondere die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) – geben für ihre Mitglieder Arbeitskampfrichtlinien heraus. Diese stehen teilweise im Widerspruch zu den Ausführungen in der Arbeitskampfmappe des dbb.
Manchmal sind die von der TdL getroffenen Aussagen unvollständig und irritierend, so dass sie für Verunsicherungbei unseren Mitgliedern sorgen. Aus diesem Grund nimmt der dbb zu den häufigsten Problemen, die durch die Arbeitskampfrichtlinien der TdL entstehen, Stellung:
Notdienstarbeiten:
Die Arbeitgeberseite hat veröffentlicht, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die für Notdienste ausgewählt wurden, diese auch zu verrichten haben. Das ist insoweit richtig. Aber hier wird der ganz entscheidende Punkt vergessen: Notdienste dürfen nur aufgrund einer Notdienstvereinbarung zwischen den Arbeitskampfparteien angeordnet werden. Notdienstvereinbarungen werden zwischen den örtlichen Arbeitskampfparteien ausgehandelt. Die Arbeitgeberseite weckt jedoch durch ihre Ausführungen den Anschein, dass sie alleine die Beschäftigten aussuchen kann, die zu Notdiensten herangezogen werden – und das auch noch ohne Notdienstvereinbarung. Diese Ansicht ist jedoch nach unserer – und ganz allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur – falsch.
Richtig ist, dass sich die örtlichen Arbeitskampfparteien gemeinsam einigen müssen, welche Beschäftigten die Notdienstarbeiten zu erledigen haben.
Teilnahme von Beamtinnen und Beamten an Arbeitskampfmaßnahmen:
Die TdL erklärt, dass Beamtinnen und Beamte kein Arbeitskampfrecht haben und die eilnahme an Arbeitskampfmaßnahmen oder deren Unterstützung eine Dienstpflichtverletzung darstellt. Das ist grundsätzlich auch nicht falsch. Es gilt jedoch nur für die Dienst-/ Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten. Was Beamtinnen und Beamte in ihrer Freizeit (in der Pause, nach Feierabend, im Urlaub) tun, ist davon nicht erfasst.
Das bedeutet, dass Beamtinnen und Beamte in ihrer Freizeit durchaus z. B. an Demonstrationen oder Kundgebungen teilnehmen können – auch, wenn diese im Rahmen von Arbeitskampfmaßnahmen der Tarifbeschäftigten durchgeführt werden.
Arbeitszeiterfassung und Arbeitskampfteilnahme:
Wie bereits in den vergangenen Jahren treffen bezüglich der Frage, ob sich Beschäftigte vor der Arbeitskampfteilnahme bei der Zeiterfassung ab- und nach Beendigung der Arbeitskampfteilnahme wieder anmelden müssen, die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Arbeitgeberseite und der Gewerkschaften aufeinander.
Nach Auffassung der Gewerkschaften müssen sich Streikende auch bei auf einige Stunden beschränkten Streikmaßnahmen grundsätzlich nicht am Zeiterfassungsgerät zum Streik „ausstempeln“. Gestreikt wird immer während der Arbeitszeit. Wer sich ausstempelt, befindet sich jedoch in Freizeit.Es reicht in jedem Fall, wenn sich der Streikende mündlich bei seinem Vorgesetzten „zum Streik“ abmeldet.
Die Arbeitgeberseite hat diesbezüglich in den meisten Fällen eine andere Rechtsauffassung und bejaht ausdrücklich die Pflicht jedes Beschäftigten, sich vor Beginn und nach Ende eines Arbeitskampfs aus- bzw. einzustempeln. Dies wird überwiegend mit Dienst-/ Betriebsvereinbarungen begründet, die regeln, dass sich die Beschäftigten beim Betreten oder Verlassen des Dienst-/ Betriebsgebäudes ein- bzw. auszustempeln haben. In der Vergangenheit ist es von Arbeitgeberseite häufiger zur Androhung von Abmahnungen für Arbeitnehmer gekommen, die sich bei einem Streik nicht aus- bzw. einstempeln.
Die unterschiedlichen Rechtsauffassungen stehen sich seit Jahren gegenüber, ohne dass es eine höchstrichterliche Entscheidung gibt, die sich ausdrücklich mit dieser Frage befasst.
Bitte beachten Sie deshalb Folgendes:
Dauert der (Warn-)Streik den ganzen Tag, besteht in keinem Fall eine Pflicht zu stempeln, weil die Arbeit für diesen Tag gar nicht erst aufgenommen wird.
Stempelt sich ein Arbeitnehmer – vielleicht nur, um einem Streit mit dem Arbeitgeber zu entgehen oder sich sicherer zu fühlen– vor Beginn des (Warn-)Streiks aus und nach dem (Warn-)Streik wieder ein,so gilt Folgendes:
Der Abeitgeber hat das Recht, für die Zeit der Streikteilnahme anteilig Entgelt einzubehalten. Zum Ausgleich erhalten die Streikenden Streikgeld von ihrer Fachgewerkschaft. Wird nun durch das Ausstempeln gleichzeitig ein „Minus“ auf dem Arbeitszeitkonto verbucht, so bedeutet dies, dass der Arbeitgeber einen doppelten Abzug
vornimmt (Arbeitszeit und Entgelt). Das darf er nicht. Die geschuldete (Wochen)Arbeitszeit verringert sich um die Zeit der Streikteilnahme. Wird nur die Zeit der Streikteilnahme als „Minus“ gewertet ohne gleichzeitig Entgelt einzubehalten, so zahlt die Fachgewerkschaft im Regelfall kein Streikgeld an den Streikenden. Er „streikt“ dann auf Kosten seiner erarbeiteten Gutzeit auf dem Arbeitszeit-/ Gleitzeitkonto. Der dbb zahlt für diesen Fall auch keine Streikgeldunterstützung an die Fachgewerkschaft.
Sobald Ihnen ein konkreter Fall oder eine konkrete Behinderung durch Ihren Arbeitgeber vorliegt, wenden Sie sich bitte an ihre Fachgewerkschaft oder den dbb!