Öffentlicher Dienst: Für Extremisten ist bei uns kein Platz
Der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach zu den Ereignissen in Chemnitz.
„Die Ereignisse der vergangenen Tage in Chemnitz machen uns alle tief betroffen. Dabei gilt unser Mitgefühl insbesondere den Angehörigen des jungen Mannes, der am Sonntag durch Messerstiche getötet wurde.
Die darauffolgenden Geschehnisse waren schockierend. Rechtsextreme haben den Tod des jungen Mannes als Vorwand genutzt, um ihren Hass auf andere Menschen und ihre Verachtung für unsere pluralistische Gesellschaft auf offener Straßen auszuleben, teils mit roher Gewalt. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Die Straftaten dieser Leute müssen konsequent verfolgt und bestraft werden.
Im Zuge der Ereignisse kam es auch zu harschen Vorwürfen gegen die Polizei. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort haben bereits erklärt, dass sie von der Anzahl der Demonstranten überrascht wurden. So bedauerlich es ist: Wo Menschen arbeiten, da kommt es auch zu Fehleinschätzungen. Das darf aber nicht zu pauschalen Verurteilungen oder Verdächtigungen führen. Wer mit Praktikern spricht, der weiß, dass jede Einsatzlage einzigartig, dynamisch und damit jede Entwicklung schwer vorhersagbar ist. Dramatisch verschärft wird heute allerdings jeder Einsatz dadurch, dass die Sicherheitsbehörden bundesweit unter massivem Personalmangel leiden. Wir als gewerkschaftlicher Dachverband warnen seit Jahrzehnten vor dieser Entwicklung. Inzwischen konnten wir die Politiker aller Parteien halbwegs vom Irrweg des „superschlanken Staates“ abbringen. Wir sind immer noch dabei, die Schäden der Vergangenheit zu beheben, und auch der von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag formulierte „Pakt für den Rechtsstaat“ bringt nur kleine Fortschritte. Außerdem fallen qualifizierte Fachkräfte für den öffentlichen Dienst nicht vom Himmel. Es muss ein für alle Mal in die Köpfe: Die besten Sicherheitsgesetze bringen nichts, wenn wir keine Beschäftigten haben, die sie umsetzen! Deshalb muss wieder mehr in den Staat und die Sicherheit investiert werden. Jetzt.
Es gab aber auch Vorfälle, die auf schwere Verfehlungen hinweisen – etwa, wenn sensible Dokumente wie ein Haftbefehl über das Internet an die Öffentlichkeit gelangen. Das darf nicht passieren, das untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat und seine Institutionen. Dazu sage ich: Der öffentliche Dienst war schon immer und ist auch heute ein Spiegelbild der Gesellschaft – gut so, denn die Menschen sollen sich mit dem Staat, der ihnen gegenübertritt, identifizieren können. Das bedeutet aber auch, dass sich unter den 4,6 Millionen Beschäftigten immer wieder auch Menschen mit extremen Gesinnungen jedweder Couleur eingeschlichen haben können, man denke etwa an die so genannten „Reichsbürger“. In all diesen Fällen gilt: Wer nicht mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes steht, der möge seine Sachen packen und verschwinden. Als öffentlicher Dienst sind wir Recht und Gesetz verpflichtet. Wir dienen immer und zuerst der freiheitlich-demokratischen Grund- und Werteordnung, die das Zusammenleben unserer gesamten Gesellschaft ermöglicht. Wer da nicht mitzieht, für den ist bei uns kein Platz.“
Ulrich Silberbach
Bundesvorsitzender
dbb beamtenbund und tarifunion
30. August 2018