Am 24. Februar 2015 fand im Rahmen der „Einkommensrunde 2015 für die Beschäftigten der Länder“ auf dem Clemensplatz in Koblenz eine Demonstration der Justizbediensteten statt. Nachfolgend die Rede unserer stellvertretenden Landes- und Bundesvorsitzenden Margot Scherer:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiter und Mitbürger. Ich begrüße alle hier in Koblenz zum Justiztag 2015. Zeitgleich mit uns stehen Kolleginnen und Kollegen in Köln, Duisburg, Hannover, Braunschweig, Saarbrücken, Berlin und Potsdam vor ihren Behörden, um den Arbeitgebern eindrucksvoll Stärke zu demonstrieren.
Unser Slogan für die Einkommensrunde: Wir für mehr! Und dafür stehen wir heute hier.
Wir fordern 5,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 175 Euro.
Dieser Mindestbetrag liegt uns besonders am Herzen.
Gerade im Justizdienst, wo viele von uns nur in den unteren Entgeltgruppen und im ehemals einfachen und mittleren Dienst sind, kommen Prozente einfach nicht an.
Nur mit einem Mindestbetrag ist garantiert, dass eine Erhöhung im Geldbeutel spürbar ist.
Unsere Forderung geht an all die Landespolitiker, die uns in Sonntagsreden immer loben, die dann davon sprechen, wie gut der öffentliche Dienst funktioniert und sich auf uns verlassen, wenn es darauf ankommt. Geht es ums Geld, werden sie still. Darum müssen wir heute mal laut werden.
In der ersten Einkommensrunde Mitte Februar war es wieder soweit. Statt einem brauchbaren Angebot gab es wie jedes Jahr nur abgespulte Rituale. Das haben wir satt!
Darum stehen wir heute hier.
Die Forderung lautet 5,5 Prozent mindestens 175 Euro. „Viel zu hoch“, war eine Reaktion, „Unrealistisch,“ eine andere, „vollkommen aus der Zeit gefallen“, war eine dritte.
Ich sage, das sind wir wert, das haben wir uns verdient.
Wir sorgen dafür, dass alles so gut funktioniert in diesem Land, dass Gesetze und Verordnungen umgesetzt werden und jeder Bürger zu seinem Recht kommt? Das machen nicht die politischen Entscheidungsträger, sondern wir!
Wir, die Tag für Tag unsere Pflicht tun in den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Gefängnissen.
Darum sind 5,5 Prozent und mindestens 175 Euro die richtige Forderung.
Schauen wir wenige Jahre zurück und erinnern uns an das Schreckgespenst der Krise. Heute steht Deutschland besser da als vorher. Die Steuereinnahmen fließen, die Beschäftigungszahlen stimmen. Das ist auch unser Verdienst. Auch darum stimmt unsere Forderung.
Schuldenbremse, schwarze Null, Haushaltssperre sind die Antworten der Arbeitgeber und das trotz Steuereinnahmen ohne Ende. Das sind keine Argumente, das sind Ausreden. Geld ist genug da. Wir sind nicht eure Sparschweine, liebe Politiker! Wer Leistung will, muss auch dafür zahlen. Leistung gibt es nicht zum Nulltarif!
Die Arbeitsbedingungen in der Justiz werden nicht besser. Die Arbeit wird immer mehr. Zwei Beschäftigte erledigen die Arbeit für drei. Der Dienst wird immer anspruchsvoller. Nicht nur, weil die Erwartungshaltung der Bürger gegenüber der Justiz sich gewandelt hat, sondern auch weil es nicht mehr so ist, wie früher. Wer hat noch nicht bemerkt, dass der Ton rauer geworden ist? Tagtäglich steigt der Stress. Auch das muss angemessen berücksichtigt werden. Darum ist die Forderung von 5,5 Prozent und einem Mindestbetrag von 175 Euro wichtig und richtig.
Wir, Beamte und Tarifbeschäftigte stehen heute gemeinsam hier, weil wir alle hinter unseren Forderungen stehen.
Wir sind alle Beschäftigte der Justiz und lassen uns nicht mehr mit einem warmen Händedruck abspeisen. Damit können wir keine Rechnungen bezahlen, und da ist es egal welcher Gruppe wir angehören.
Wir stehen zusammen hier in Koblenz und hinter unserer Forderung.
Wir erwarten die Übertragung auf die Beamten in gleicher Höhe und zum gleichen Zeitpunkt.
Wir fordern weiterhin die sofortige Aufhebung der 5 x 1 Deckelung in der Beamtenbesoldung in Rheinland-Pfalz, keine weiteren Opfer mehr für die Beamtinnen und Beamten und wir werden keine weiteren Verzögerungen mehr hinnehmen
Sie sollten uns ernst nehmen, denn wir haben ein langes Gedächtnis und im März 2016 sind auch wir, die Kolleginnen und Kollegen der Justiz Wählerinnen und Wähler.
Wir sind keine Bittsteller, die um Almosen betteln! Wir sind der Grund, warum die Justiz in diesem Land überhaupt noch funktioniert!
Immer neue Projekte, werden auf unsere Schultern geladen. Da sind unter anderem die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs, die elektronische Akte, das Datenbankgrundbuch – um hier mal die wichtigen Projekte aufzuzählen.
Das sind unsere Aufgaben, das machen wir gerne, aber doch nicht in unserer Freizeit und nicht ohne ausreichende Fortbildung. Immer wieder werden wir in kaltes Wasser geworfen und dann allein gelassen. Da muss mehr geschehen, sonst werden die ganzen Projekte, die sich die Politik ausdenkt nur Luftnummern.
Mehr Personal gibt es nicht. Aber wer soll auch kommen? Dafür müssten die Arbeitsbedingungen besser werden. Das gilt für alle Bereiche des Justizdienstes. Dazu gehört nicht nur die Anhebung der Ausbildungsentgelte um 100 Euro. Insgesamt geht es darum, dass der Justizdienst wieder attraktiver wird für junge Menschen. Das ist nur möglich, wenn die Länder sich wie gute Arbeitgeber verhalten; also einen sicheren Job mit Karrierechancen bieten. Sonst kommen keine neuen Bewerber, dann heißt es bald: „Der Letzte macht das Licht aus.“
Heute stehen wir hier und fordern konkret bessere Arbeitsbedingungen. Dass wir das können, ist nicht selbstverständlich. Dafür haben Generationen von Gewerkschaftern und Gewerkschafterinnen gekämpft. Das Recht zu streiken und sich zu organisieren, ist dank ihrer Opfer heute Teil unserer Verfassung. Damit könnte es bald vorbei sein. Die großen Parteien planen den Verfassungsbruch mit Ansage und wollen Eure Rechte in Eurer Fachgewerkschaft beschneiden. Das Schreckgespenst der Tarifeinheit geht um. Statt freier Wahl der Organisation heißt es bald, der Stärkste gewinnt. Statt Meinungspluralität gilt bald die Herrschaft einer Einheitsgewerkschaft. Das geht an der Wirklichkeit im Jahr 2015 vorbei. Wir sind der Beweis, wie wichtig Tarifpluralität ist.
Liebe Politiker, die Menschen, denen ihr das Recht auf Ihre Gewerkschaft nehmen wollt, haben ein Gesicht und sie haben eine Stimme, die sie erheben. Der dbb wird sich dem Vorhaben der Tarifeinheit entgegenstellen und alle Register ziehen, um diesen Verfassungsbruch zu verhindern.
Wir streiken für mehr Gehalt, für bessere Arbeitsbedingungen, für einen attraktiven Justizdienst. Nicht nur heute, sondern bis wir ein annehmbares Angebot bekommen. Die nächste Verhandlungsrunde ist in zwei Tagen. Dann wird sich zeigen, ob die Arbeitgeber verstanden haben, was wir ihnen heute hier mitteilen wollen. Sonst kommen wir wieder. Das ist keine Drohung, das ist ein Versprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen gestärkt durch euren Rückhalt und euer Feedback fahre ich am Donnerstag mit positiver Energie nach Potsdam zur 2. Verhandlungsrunde.
Margot Scherer