Der Blick in andere Länder offenbare, dass Menschen und Wirtschaft hierzulande vom technologischen Wandel abgehängt zu werden drohten, warnte er anlässlich des 29. Europäischen Abend von dbb und Europa-Union Deutschland am 15. Oktober 2018 in Berlin.
„Die Digitalisierung ist die große Herausforderung, der wir uns stellen müssen, wenn wir den Wohlstand unserer Gesellschaft auch in Zukunft sichern wollen“, machte der dbb Bundesvorsitzende deutlich. Der öffentliche Dienst spiele hierbei in vielerlei Hinsicht eine wichtige Rolle: „Insbesondere als Dienstleister für Bürgerinnen, Bürger und Wirtschaft, aber auch als Repräsentant des Staates und somit als Motor und Vorreiter. Selbstverständlich und vollkommen zurecht erwarten die Menschen und Unternehmen vom öffentlichen Dienst zeitgemäße Verfügbarkeiten, kurze Wege und modernste Technik. Gerade im europäischen Vergleich ist das aber in Deutschland alles nicht der Fall.
Über mehr als drei Jahrzehnte wurde unsere öffentliche Hand kurz und klein gespart – es fehlt an Qualifizierung ebenso wie an der entsprechenden Hard- und Software. Das ist nicht nur eine Belastung für die Bürgerinnen und Bürger, das ist auch eine Qual für die Kolleginnen und Kollegen, die doppelten Frust aushalten müssen: den eigenen wie den der Menschen, die kein Verständnis dafür haben, wenn der öffentliche Dienst mit Steinzeittechnik arbeitet“, kritisierte Silberbach. Zudem sei fraglich, „wie die europäische Behördenzusammenarbeit vorankommen soll, wenn wir sie nicht einmal national vernünftig abbilden können“, wie Europa als Investitionsstandort gedeihen könne, „wenn die größte Volkswirtschaft des europäischen Binnenmarkts in dieser entscheidenden Zukunftsfrage immer mehr an Boden verliert?“
Der dbb Bundesvorsitzende appellierte: „Deutlich mehr Investitionen in die Bildung, in die digitale Infrastruktur sowie in die öffentliche Verwaltung und die Menschen, die dort einen unverzichtbaren Beitrag für den staatlichen Rahmen aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung leisten, sind das Gebot der Stunde.“ Aus Sicht der Beschäftigten werde die Digitalisierung im Sinne „fortschrittlicher Technologie, die unsere Kolleginnen und Kollegen darin unterstützt, ihren öffentlichen Auftrag bestens auszuüben“, einhellig begrüßt und unterstützt.
Eine klare Absage erteilten die Beschäftigten dagegen einem Missbrauch der Digitalisierung für weitere Einsparungen am ohnehin schon „mager“ gesparten öffentlichen Dienst. „Auch und gerade der öffentliche Dienst der Zukunft, in Deutschland wie in Europa, braucht Menschen, Beschäftigte, die den Bürgerinnen und Bürgern kompetent und menschlich begegnen. Demokratie und Rechtstaatlichkeit brauchen das Recht und den Menschen, nicht bloß Algorithmen“, betonte Silberbach und empfahl eindringlich, „die Kompetenz der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen beim anstehenden Transformationsprozess nachhaltig einzubinden. Dieses Mammutprojekt wird nur gemeinsam mit allen Beteiligten erfolgreich umgesetzt werden können.“
Unter der Überschrift „Digitaler Wandel: Wie zukunftsfest ist Europa?“ diskutierten am 15. Oktober 2018 im dbb forum berlin nationale und internationale Experten aus Politik, Wissenschaft und Verbänden über die digitale Zukunft Europas. dbb Chef Ulrich Silberbach und Rainer Wieland, Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Präsident der Europa-Union Deutschland, begrüßten als Gastgeber unter anderem Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Prof. Dr. Anne-Dore Uthe von der Hochschule Harz, Mitglied im Nationalen E-Government Kompetenzzentrum, Iris Plöger, Mitglied der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Deutschen Industrie, Birgit Sippel, MdEP, Sprecherin der S&D-Fraktion im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Mart Laanemäe, Botschafter der Republik Estland in Deutschland, und Konstantin von Notz, MdB, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen.
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